Sonntag, 16. Februar 2014

OFFENER BRIEF: An Gero von Randow (Die ZEIT)

Offener Brief an Gero von Randow 
 -als Zeit-Leseartikel 11:40 Uhr verschickt-


im DDR-Jugendknast "Frohe Zukunft" in Halle / Saale wurde u.a. für BOSCH zwangsgearbeitet


Betreff: Die Zwangsarbeiter und wir. DDR-Häftlinge produzierten für Westfirmen. Die DKP profitierte von diesem Geschäft. Wen geht das heute noch an? 
DIE ZEIT Nº 07/2014 Aktualisiert 9. Februar 2014 17:56 Uhr  
Den Artikel nachlesen hier (Quelle): http://www.zeit.de/2014/07/dkp-ddr-zwangsarbeiter



                                                                           Berlin, 16.Februar 2014, 12:17 Uhr

                                                                                         

Sehr geehrter Herr von Randow,


ich fühle ich mich durch die Überschrift ihres Artikels angesprochen, da auch ich, wie 33. 000 andere, bis zu meinem Freikauf Zwangsarbeit verrichten musste. In meinem Fall im Zuchthaus Cottbus, Arbeitskommando „Pentacon“, August 1981- Juli 1982.


Ich schrieb darüber in meinem Feature"Freigekauft", enthalten in „Nachtzensur - DDR und Osteuropa zwischen Revolte und Reaktorkatastrophe. Fünf Features" (mit einem Vorwort von Manfred Wilke, Köster-Verlag, 13. Dezember 2013, siehe amazon; das Radio-Feature selbst war von der ARD für den Prix Europa 2011 nominiert). Ich schickte ihnen die PDF des Buches, die Sie, na klar jetzt, in ihrer Antwort-Neujahrs-Mail völlig ignorierten. Ganz anders als Friedrich Dieckmann, der die „Nachtzensur“ von einem langjährigen Freund im Januar 2014 als Buch geschickt bekam und sich postwendend, im privaten (sic) Brief sehr lobend äußerte, vor allem darüber auch, dass er vieles noch gar nicht gewusst habe.


Und weiter? Weiter habe ich die Export-Arbeit von DDR-Gefangenen (speziell im DDR-Jugendknast Halle, hier u.a. für BOSCH ) früh benannt, will sagen das früh publiziert. Doch auch in diesem Fall herrscht bis heute über das Buch "Jugendstrafvollzug in der DDR" (Landesbeauftragte Sachsen-Anhalt 2002, Köster 2006 – und es war das erste zum Thema!) in der ZEIT, ich will es so sagen, organisierte Totenstille. („Wieso denn bloß? Wieso denn bloß?“)


Und wie schrieben Sie mir vor einigen Wochen in einer anderen Mail so überaus vollmundig zurechtweisend, als ich Ihnen meinen Ärger, meine Befürchtung leise kundtat? „Hören Sie, das sind anständige Leute!“ Nichts dagegen. Aber ist diese ihre Selbst-Zerknirschung, dieser scheinbare Abweichlersprung zweier DKP-Häuptlinge, wirklich anständig? Mir bleibt da im Augenblick nur zu sagen: Hören Sie? Ich bin gespannt, wie es mit ihrer "Selbstkritik" in dieser Richtung denn nun weitergeht. Soll ja, schreiben Sie.


Dazu ein kleiner Tipp. Mein Vater. Am Tag nach seiner Übersiedlung sahen wir uns (ich, meine ältere Schwester, ihr Mann) in der schönen Spandauer Wohnung der Schwester im TV die Bob-WM an. Als die DDR-Fahrer am Start waren, sagte mein Vater, einst ein kleines SED-Kreis-Rädchen, zu seinem Schwiegersohn: „Schalt mal um, die aus dem Osten will ich nicht sehen, die sind blöd.“ Darauf mein Schwager: „Aber bis gestern warst du doch selber im Osten noch“. Darauf mein Vater: „Ja, aber jetzt bin ich hier [im Westen], jetzt bin ich nicht mehr blöd“. Sie sind ja nun in der Bundesrepublik, nun endlich auch ihrer Bundesrepublik, angekommen, wie Sie schreiben. Mit „elan“ tausende Leute verarscht, wie Sie, hat mein Vater allerdings nie.


Mit freundlichen Grüßen,


Ihr

Axel Reitel


Vielen Dank und bleiben Sie dran!


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