Von hoher Fertigkeit und halluzinativer Kraft
„Hubertus Giebe. Mit der Hand gezeichnet“
Von Axel Reitel
Zeichnungen begeisterten den Rezensenten schon früh – als
junger Betrachter von Schadow, Dürer, Leu, Menzel. Als Student der
Kunstwissenschaft teilte er diese Leidenschaft weiterhin. Doch nicht nur mit
kunsthistorischer Perspektive, sondern auch mit jahrzehntelanger Bewunderung
blickt er auf das Werk von Hubertus Giebe, Maler und Zeichner.
Ein Katalog seiner „Geschichtsbilder“, entdeckt 1990 in der
Wendezeit, beeindruckte nachhaltig. Die Stimme des erfahrenen Galerienbesuchers
sagte ihm: „Das hier ist einer der bedeutendsten Künstler unserer Zeit.“ Giebes
Engagement für die friedliche Revolution 1989 in Dresden vertiefte dieses
Interesse.
Erstmals begegnete der Rezensent dem Künstler 1992 bei einer
Ausstellungsfeier in Dresden. 1996 entstand mit „Liebe Anarchie“ ein
gemeinsamer Band mit Lyrik und Grafik. 1998 folgte mit „Paris, Paris“, 15
Gedichten zu 15 Gemälden, eine reizvolle Nuance in einem Werk, das mit seiner
Produktivkraft ganze Museen füllen könnte.
Jedes Bild trägt Farben und den „Sog“ unserer Epoche(n) –
ihrer Ereignisse und Ideen, die uns formen.
Christoph Tannert bringt es im einleitenden Essay Zeichnen
ohne Schlussstrich treffend auf den Punkt: „Bis in die unmittelbare
Gegenwart verdient Giebe seine Autorität durch künstlerische Potenz und
Bildwerke, die in unterschiedlichen philosophischen Traditionen begründet
sind.“
Die viereinhalbseitige Einführung trifft auch stilistisch
den Nerv unserer Zeit: präzise, knapp, pointiert – wie eine Liste ohne Ballast,
aber mit Substanz.
Die Zeichnungen im Band zeugen von hoher Fertigkeit und
halluzinativer Kraft. Eine Prägnanz wie bei Albrecht Dürer und eine expressive
Kraft wie bei Max Beckmann. Doch ist alles vollkommen eigen.
Ein Ankauf durch das Metropolitan Museum in New York fände
der Rezensent wünschenswert. Im Januar 2001 stellte er im MoMA, Zeichnungen von
Giebe gedanklich neben Beckmanns „Argonauten“. Giebes „Bildnis von Frau Günther“
von 2000 – eines seiner herausragenden Porträts – neben „The Old Actress“ von
1926.
2026 will der Rezensent da MoMA wieder besuchen.
Wird man dort Giebe sehen?
Der Band Mit der Hand gezeichnet richtet sich an
Freunde der Zeichenkunst, Kunststudierende und alle, die der schönen Kunst
verbunden sind.
Hubertus Giebe. Mit der Hand gezeichnet Gebundene Ausgabe
Zwiebook (salomo Publishing) 01. Juli 2025, 148 Seiten, 28 Euro. ISBN-13: 978-3943451535
Quelle: Von hoher Fertigkeit und halluzinativer Kraft „Hubertus Giebe. Mit der Hand gezeichnet“ (28.07.2025)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen